«Pancake» 35mm/ƒ5.6 von 7Artisans.

Technik

Man kann schön hören, wie ganz viele Leica Enthusiasten jetzt sagen: «Auf eine Leica gehört ein Leica Objektiv». Doch ich fand das 35mm Pancake Objektiv von 7Artisans eine spannende Entdeckung. Klein, flach und nur mit der Blende ƒ5.6 ausgestattet, hat es mich neugierig gemacht und für rund 200.– CHF fand ich es erschwinglich. Es stand fest, ein «Pancake» musste für Testzwecke her.

Keine zwei Tage später ist es angekommen. Ich war ziemlich gespannt, was mich in dieser Verpackung erwartet. Dazu muss man sagen, es kommt aus China und ich bin nicht umbedingt ein Fan von chinesischen Produkten. Also, Verpackung aufreissen und begutachten. Mein erste Eindruck davon: ich war positiv überrascht. Es wird ein dazu passendes Lederetuis zum Verstauen mitgeliefert und das Objektiv ist komplett aus Metall/Aluminium gefertigt. Es hat eine gute Haptik und die Handhabung scheint einfach. Funktionen hat es nicht viele: Ein Hebel mit dem ich die Schärfe einstellen kann und wenn ich diesen ganz nach unten setzte, wird die Linsenschutzklappe aktiviert. Das war es schon. Die Handhabung mit der Schärfe-Einstellung finde ich bisher gut und was mir am besten gefällt, ist der Nahbereich von 30 cm, da kann kein Leica Objektiv mithalten.


Den Einsatzbereich sehe ich für mich vor allem in der Street Photography, es macht die Leica quasi Pocket tauglich und sie passt praktisch in jede Jackentasche. Da ich bei der Street Photography meistens mit der Blende ƒ5.6 arbeite, passt das Objektiv hervorragend zu meinem SetUp. Einen Nachteil hat das Objektiv dennoch, es hat keine Messsucher-Kopplung. Das heisst, ich kann ausschliesslich über den Bildschirm oder dem elektronischen Aufstecksucher Visoflex scharf stellen. Soviel für’s Erste. Jetzt heisst es, Objektiv aufsetzten und die ersten Testfotos machen.

Das erste Testfoto habe ich gleich Zuhause gemacht. Da ich zwei verschieden farbige «Pancakes» zur Auswahl bestellt hatte, konnte ich gleich als erstes den Nachbereich testen, indem ich eines der Objektive mit dem Anderen fotografiert habe. Das Resultat seht ihr auf den Fotos oben. Bei 30 cm ist der Schärfebereich sehr klein, aber für meine Anforderungen genügt es allemal.

Weiter ging es nach Draussen, um weitere Testfotos zu machen. Die Handhabung mit der Schärfe hat sich in der Praxis als schwieriger erwiesen als gedacht und das, obwohl ich mit den M-Objektiven von Leica schon ziemlich geübt bin. Wenn ich die Schärfe auf unendlich setze ist es kein Problem, aber dazwischen ist es sehr «fummelig», denn der Fokushebel hat einen sehr kurzen Einstellweg. Hinzu kommt, dass die Entfernungsskala schon sehr grob ist. Ablesbar bzw. gekennzeichnet sind die Entfernungen 0,3 m, 0,5 m und unendlich. Es gibt dazwischen zwar ganz viele Abstufungen auf dem Objektiv-Tubus, aber keine Markierung am Fokushebel, damit man diese beiden zur Deckung bringen kann. Geschweige denn davon, dass man irgendwo erfahren kann, welche Abstände diese Markierungen darstellen sollen.

Was mir aufgefallen ist, wenn man die Schärfe auf unendlich einstellt, bekommen die Farbbilder am Rand ein kleinen Magenta-Stich. Diesen Farbstich bekommt man aber leicht wieder bei der Bildbearbeitung raus. Nach kurzer Recherche habe herausgefunden, dass es bei so kurzen Objektiven zu einem sogenannten *Italian Flag Syndrome kommen kann, mehr dazu findet Ihr am Ende dieses Beitrags. Da ich in der Street Photography ohnehin hauptsächlich in Schwarzweiss fotografiere, stört mich dieser Magenta-Stich nicht.



Fazit

Das Objektiv ist nicht perfekt, aber welches Objektiv ist das schon? Die fehlende Messsucher-Kopplung ist für viele Leica M Nutzer vermutlich der grösste Nachteil, aber mit dem elektronischen Aufstecksucher Visoflex ist das kein Problem. Und es wäre wünschenswert, dass der Hersteller die Schärfe-Einstellung in Zukunft optimiert.

Ich muss gestehen, dass das Objektiv nicht als vollwertiges Objektiv gesehen werden kann und es ist auch kein Ersatz für ein 35er von Leica. Mir macht das Fotografieren mit dem Objektiv trotz den Nachteilen echt Spass, und so klein und leicht wie es ist, wird es dauerhaft einen Platz in meiner Fototasche finden.

Ich persönlich werde es sicher viel im Bereich der Street Photography und Social Media-Bereich einsetzten, wo die Schärfe nicht immer perfekt sein muss. Und wenn ich mal näher als 70 cm an ein Objekt ran will, ist es auch eine gute Wahl.

*Was ist ein Italian Flag Syndrome?

«….Das Phänomen ist bekannt und es hat sogar einen catchy Namen: Italian Flag Syndrome. Es tritt typischerweise bei Weitwinkelobjektiven auf, bei denen zum Bildrand hin große Einfallswinkel auftreten. Die Ursache ist recht komplex und hat mit dem typischerweise asymmetrischen Aufbau der Sensorpixel zu tun. Ein Teil der Pixelfläche wird für die Verdrahtung statt zum Lichtsammeln genutzt, und diese liegt an einer Seite des Pixels. Wenn nun Lichtstrahlen im flachen Winkel auftreffen und daher bis zum Nachbarpixel durchdringen könnten, wird das in der einen Richtung durch die Verdrahtung blockiert, in der anderen jedoch nicht. Wenn ein falsches Pixel das Licht abbekommt, ist dieses ja für eine andere Farbe empfindlich, also Grün statt Rot, Rot statt Grün, Blau statt Grün oder Grün statt Blau – das Licht hat vielleicht ein Grünfilter passiert, wird aber von einem nominell rotempfindlichen Pixel registriert und daher fälschlich als rotes Licht gewertet. Da nun die grünempfindlichen Pixel die empfindlichsten sind und die Signale der rot- und blauempfindlichen Pixel zum Ausgleich angehoben werden müssen, führt die Registrierung des Lichts durch ein Nachbarpixel insgesamt zu einer Farbverschiebung in Richtung Rot und Blau – also Violett. Dieser Effekt tritt am einen Bildrand auf, am anderen aber nicht ….Jedenfalls sind die flachen Einfallswinkel das Problem ….. Die Farbverschiebung lässt sich immerhin noch kompensieren…»

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